Wie mit Kindern über Krieg sprechen?

Zuerst die Coronapandemie und mitten in die noch nicht abgeklungenen Unsicherheiten kommt nun die Sorge um den Krieg auf europäischem Boden hinzu.

Kinder und Jugendliche jeglichen Alters bekommen hier Vieles mit. Andere spüren deutlich, dass etwas nicht stimmt, ohne Konkretes zu wissen. Eltern und Fachkräfte fragen sich, ob, wie und zu welchem Zeitpunkt man mit den jungen Menschen über den Krieg sprechen soll oder kann.

Daraus hat sich über das interne Fortbildungs- und Personalentwicklungsinstitut der Diakonischen Jugendhilfe Region Heilbronn (DJHN) das Angebot "Wie mit Kindern über Krieg sprechen?" für die Mitarbeitenden der DJHN entwickelt. Sandra Schmidt, Psychologin des DJHN-Fachdiensts, hat dazu einen Impulsvortrag für DJHN-Mitarbeitende gehalten.

„Bei der Frage, wie man mit Kindern/Jugendlichen über das Thema Krieg sprechen kann, ist vor allem das Alter und der jeweilige Entwicklungsstand zu berücksichtigen“, so Schmidt. Dies sei die Grundlage für die Kommunikation, wobei man nichts beschönigen, aber auch nicht zusätzlich belasten solle. Es ist wichtig, den Kindern und Jugendlichen Sicherheit und Halt zu geben. Einfach da zu sein und zu signalisieren, dass man zuhört als auch ein offenes Ohr für alle Sorgen, Ängste und Fragen hat.

 

Allgemeine Tipps und Hilfestellungen, wie man sich mit Kindern und Jugendlichen das Thema Krieg anschauen kann:

  • Sich Zeit nehmen
  • Viel Zuhören, nicht so viel selbst sprechen – keine Gespräche aufdrängen
  • Ängste ernst nehmen, ohne zusätzliche Ängste durch Spekulationen und ausführliche Details zu produzieren
  • Was weiß der junge Mensch schon? Daran anknüpfen. Bei jüngeren Kindern möglichst nicht mehr Details geben, bei Jugendlichen z.B. ruhig auch Kontroversen aufzeigen
  • Die Situation nicht „herunterspielen“, die Kinder spüren die Bedrohlichkeit der Lage und wollen nun vor allem authentische Erwachsene, die sie ernst nehmen, ihnen aber auch Sicherheit vermitteln, soweit dies möglich ist
  • Eigene Gefühle benennen; Normalität dieser Gefühle betonen
  • Erklärungen kindgemäß mit konkreten Beispielen, z.B. bei jüngeren Kindern über Konflikte und deren Lösungen sprechen
  • Eigenes Unwissen benennen – gemeinsam auf Faktensuche gehen
  • Reaktionen gut beobachten und ansprechen
  • Routinen beibehalten, auf Rückzug reagieren.
  • Für ablenkende Momente sorgen und benennen warum; Hoffnung und Sicherheit geben („Du bist nicht alleine“) – schöne Momente schaffen (auch für sich selbst, d.h. z.B. eigenen Medienkonsum einschränken und nicht den ganzen Tag über in die Nachrichten „versinken“)
  • Auf Metaebene gehen und allgemeine Themen, die aus den Fragen entstehen, angehen, z.B. Gemeinschaft, wie wollen wir in Deutschland/in der Klasse etc. zusammenleben – was brauchen wir hierzu etc.
  • Werden Sie gemeinsam aktiv! Rituale, Aktionen, Projekte, Vernetzung etc. à hierdurch erhöhen Sie die Selbstwirksamkeitsgefühle

 

Was gilt es mit Blick auf den Alters- und Entwicklungsstand zu berücksichtigen?

Klein- & Vorschulkinder:

  • Am besten sollte die engste Bezugsperson mit dem Kind ins Gespräch gehen und dabei vor allem Sicherheit vermitteln
  • Reagieren Sie bitte nur und gehen sie nicht aktiv ins Gespräch.
  • Erkennen Sie starke Ängste, fragen Sie nach, was die Kinder wissen, vermuten, befürchten etc.– nehmen Sie die Ängste ernst und machen Sie deutlich, dass die Gefühle des Kindes in einer solchen Situation normal sind, signalisieren Sie dabei deutlich, dass Sie da sind und dass alles Mögliche unternommen wird, um die Kriegssituation zu verändern (Verletzten wird geholfen, Länder versuchen zu vermitteln etc.
  • Halten Sie die Kinder fern von jeglichen Bildern und Nachrichten. Sprechen sie über das, was die Kinder Ihnen berichten, aber bleiben sie bei der Sprache und unterstützen sie nicht durch Bilder. Möglich ist das gemeinsame Anschauen von kindgerechten Bilderbüchern zum Thema.
  • Kinder in diesem Alter lassen sich noch nicht durch Vorannahmen leiten. Bleiben sie daher bitte bei den Fakten, stellen sie diese kurz und knapp dar, schmücken sie nicht aus und äußern sie keinerlei Spekulationen zu weiteren Ereignissen, lassen Sie jegliche Details weg etc. Nicht zu viel sprechen, stattdessen bei den Fragen bleiben!
  • Kinder sind hoch suggestibel: Formulieren Sie daher bitte offene Fragen und verwenden Sie keine Schlüsselwörter, wie z.B. „Angst“, sondern richten Sie den Fokus auf Sicherheitsvermittlung.
  • Bis ca. 7 Jahren können Kinder oftmals ihre Fragen noch nicht so formulieren, dass ihre Themen auch tatsächlich beantwortet werden – d.h. hören Sie daher gut zu, fragen Sie immer wieder nach, ob Sie es richtig verstanden haben.

 

Grundschulkinder:

  • Aktiv nachfragen, nicht abwarten, bis die Kinder mit anderen darüber sprechen.
  • Moralentwicklung schreitet voran –Fragen nach Schuld, Strafe, Gerechtigkeit  - beantworten Sie diese sachlich und nur das, was auch gefragt wird, schmücken Sie nicht zu sehr aus.
  • Viel zuhören, nicht zu viele Details
  • Normalität von jeglichen Gefühlen betonen
  • Konkrete Zusammenhänge sind greifbar, Schlussfolgerungen werden gezogen und mehrere Aspekte einer Situation können erfasst werden, Gedächtnisleistung höher à informieren Sie sich gemeinsam mit dem Kind durch das Anschauen geeigneter Kindernachrichten etc.
  • Ab neuntem Lebensjahr kann sich in fiktive Situationen hineingedacht werden – lassen Sie wenig Raum für Phantasie, sondern liefern Sie Fakten und fragen Sie nach, was genau das Kind zum Thema weiß oder vermutet
  • Eigene Betroffenheit spüren die Kinder. Nehmen Sie die Gefühle der Kinder ernst und greifen Sie Unsicherheiten gezielt auf. Sprechen Sie offen darüber, dass auch Sie nicht auf alle Fragen eine Antwort haben.
  • Konflikte, die durch die Kriegssituation im Alltag der Kinder entstehen, aufgreifen auf einer Metaebene und darüber sprechen. Beziehen Sie hierbei die Lebenswirklichkeit der Kinder mit ein, z.B. wenn ihr euch streitet, dann schauen wir ja auch gemeinsam, wie man eine Lösung findet etc.

 

Teenager/Jugendliche:

  • Aktiv ins Gespräch gehen – auch Kontroversen aufzeigen.
  • Abstraktes Denken möglich, Anschauungsmaterial ist nicht mehr nötig. Ethische und politische Fragen kommen auf.
  • Die jungen Menschen erkennen, dass Sicherheit nur vorläufig ist, was oftmals zu großer Verunsicherung und infrage stellen des bisherigen Weltbildes führt
  • Gefühle ernst nehmen – nachfragen – offen besprechen.
  • Thematisieren Sie unsere Demokratie mit Meinungsfreiheit und führen Sie gezielt Diskussionen über Nachrichten. Schauen Sie sich diese zusammen an, beantworten Sie die Fragen bzw. holen Sie sich gemeinsam die Infos ein.
  • Thematisieren Sie, dass Meldungen falsch und manipuliert sein können und warum (wer hat ein Interesse daran Fake News zu verbreiten, warum und zu welchem Zeitpunkt etc.) – stärken Sie die Medienkompetenz der jungen Menschen.
  • Achten Sie bitte auf Konflikte in der Peergroup und reagieren Sie schnell. Lassen Sie keine Ausgrenzungen zu! Thematisieren Sie auf Metaebene, was in der Klasse/der Gesellschaft passiert. Wie möchten die jungen Menschen zukünftig damit umgehen. Entwickeln Sie gemeinsam Visionen.
  • Thematisieren Sie die Rolle von Social Media und unterstützen Sie das Einholen von sachlichen Informationen.
  • Besprechen Sie Selbstfürsorge in diesem Zusammenhang: Aufrechterhaltung von Tagesroutinen, Medienzeiten, sich selbst immer mal wieder etwas Gutes tun, sich ablenken, etc. Leben Sie das auch selbst vor.

 

Medien, die man nutzen kann:

 

ANSPRECHPERSON

Andreas Werner
Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit
Walder-Weissert-Str. 6
75031 Eppingen-Kleingartach
Tel.: (07262) 255 35-3050
oeffentlichkeitsarbeit(at)djhn.de

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